In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz informierten der seit Regierungswechsel für Wohnungen zuständige Stadtrat, IFP-Aufsichtsratsvorsitzender Michael Schnedlitz und Vizebürgermeister Dr. Christian Stocker, heute Montag vor der Gemeinderatssitzung über jahrelang unrichtig ausgestellte Bestätigungen bei Gemeindewohnungen in Wiener Neustadt.
„Durch den Regierungswechsel wurde aufgedeckt, dass anscheinend über Jahre hinweg Mieterinnen und Mietern in Gemeindewohnungen unrichtige Bestätigungen für das Finanzamt und für die Wohnbauförderstelle des Amts der Niederösterreichischen Landesregierung ausgestellt wurden. Wir haben daher heute eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft, beim Finanzamt und bei der Wohnbauförderstelle des Amts der Niederösterreichischen Landesregierung eingebracht. Es besteht die Möglichkeit, dass tausende Mieter betroffen sind“, so Schnedlitz und Stocker. Die Mitglieder des Gemeinderates werden zu Beginn der heute stattfindenden Sitzung von Bürgermeister Mag. Klaus Schneeberger darüber in Kenntnis gesetzt.
Zum Hintergrund:
Die Wohnobjekte der Stadt Wiener Neustadt wurden in der Vergangenheit und werden laufend saniert. Die Finanzierung erfolgte und erfolgt durch Darlehensaufnahmen. Darüber hinaus wurden auch Förderungen des Landes Niederösterreich in Form von Annuitätenzuschüssen in Anspruch genommen. Die Mieter erhalten einmal jährlich – zu Jahresbeginn – eine Bestätigung über die aliquot geleisteten Zinsen und Tilgungen im Vorjahr. Diese Aufwendungen können als Sonderausgaben im Rahmen des Lohnsteuerausgleichs geltend gemacht werden. Auf Verlangen der Mieter wurden diesen auch entsprechende Bestätigungen über diese Aufwendungen zur Vorlage beim Land NÖ zur Erlangung von Wohnbeihilfen übermittelt.
Nun wurde festgestellt, dass in der Vergangenheit von der Summe aus Tilgungen und Zinsen die Annuitätenzuschüsse nicht in Abzug gebracht wurden. Im Ergebnis wurden daher den Mietern Sonderausgabebestätigungen mit zu hohen Beträgen ausgestellt. Für den Fall, dass Mieter in ihrem Lohnsteuerausgleich die zu hohen Salden als Sonderausgabe geltend gemacht haben, könnte dies zu einer zu hohen Steuerrückerstattung geführt haben. Für den Fall, dass Mieter die zu hohen Salden in Anträgen auf Subjektförderung beim Land NÖ angegeben haben, könnte es zu einer Auszahlung von zu hohen Fördergeldern gekommen sein.
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand aufgrund der internen Erhebungen kann allerdings nicht verifiziert werden, wie viele Mieter Lohnsteuerausgleiche gemacht haben, ob und in welcher Höhe Steuerrückerstattungen vorgenommen wurden, also ob und in welcher Höhe ein Schaden eingetreten ist. Ebenso wenig kann derzeit verifiziert werden, wie viele Mieter eine Subjektförderung beantragt und zugezählt erhalten haben und ob und in welcher Höhe ein Schaden eingetreten ist.
Zusammengefasst kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Republik Österreich und/oder dem Land NÖ durch Ausstellung und Übermittlung falscher Sonderausgabenbestätigungen ein Schaden entstanden ist. In den Listen, die Grundlage für die Sonderausgabenermittlungen waren, wurden die Annuitätenzuschüsse nicht erfasst. Allerdings liegen auch Listen vor, die die Annuitätenzuschüsse enthalten. Es besteht der Verdacht, dass entweder die beiden Systeme parallel geführt oder die Listen mit den enthaltenen Zinsenzuschüssen nachträglich erstellt wurden. Es besteht die Vermutung, dass diese Listen aufgrund von Fehlleistungen unrichtig erstellt wurden. Es kann allerdings auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Listen vorsätzlich unrichtig erstellt wurden.
Unverzügliche Information an Mieter
„Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wurde ersucht zu prüfen, ob der dargestellte Sachverhalt von strafrechtlicher Relevanz ist und falls ja ein entsprechendes Strafverfahren einzuleiten. Leider sind die Auswirkungen auf die betroffenen Mieterinnen und Mieter noch völlig offen. Daher informieren wir diese unverzüglich mit einem Brief. Sobald die Sachlage klar ist und die weiteren Schritte von Seiten der Behörden gesetzt werden, werden wir die Mieterinnen und Mieter umgehend verständigen. Für dringende Fragen der Mieter, wurde eigens eine Hotline unter 0676 / 88 373 80 80 eingerichtet. Im Namen der Stadt Wiener Neustadt entschuldigen wir uns schon jetzt für die Unannehmlichkeiten und versprechen eine vollständige Aufklärung mit allen notwendigen Konsequenzen“, so Schnedlitz und Stocker abschließend.