Bad Erlach: Stopp für Bodenversiegelung

 

„Als erste Gemeinde im Bezirk Wiener Neustadt leitet Bad Erlach einen Stopp der Bodenversiegelung ein!“ so Bürgermeister Hans Rädler, anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ökonomierat Josef Fuchs, Kammerobmann der Landwirtschaftskammer, im Bad Erlacher Rathaus, auf der er die Neu-Ausrichtung der Gemeindepolitik für die nächsten Jahre erläuterte. Bad Erlach sei flächenmäßig die zweitkleinste Gemeinde im Bezirk, habe aber die dritthöchste Bevölkerungsdichte.

„Umweltschutz, soziale Sicherheit und Lebensqualität, an diesen großen Zielen werden wir die Gemeindepolitik der nächsten Jahre und Jahrzehnte ausrichten!“, so der Bürgermeister.

Rädler weiter: „Wir waren von Beginn an keine Gemeinde für neue Industriegebiete, sondern haben unsere Ausrichtung im Bereich Wellness, Gesundheit und Reha gesucht. Wir haben, was Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungsangebote, ärztliche Versorgung, Kindergarten, Schulen und die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr angeht, perfekte Bedingungen geschaffen. Bad Erlach ist aufgrund der hohen Lebensqualität zum Anziehungspunkt für die Bewohner der vorderen Buckligen Welt geworden, was steigende Einwohnerzahlen belegen!“

Rädler sieht jedoch die Grenzen des Wachstums erreicht: „Um die Lebensqualität unserer Einwohner zu sichern, haben wir im Gemeinderat einstimmig die Verlängerung des Baustopps für großvolumige Wohnbauten beschlossen, Neuwidmungen von Bauland wird es künftig nicht mehr geben! Weitere Verbauung von Grünland bedeutet mehr Bodenversiegelung und ist deshalb mit den Klimaschutzzielen nicht vereinbar!“

Gefragt sei nunmehr Qualitätsverbesserung. Dies will er durch Verdichtung im Ortskern und durch Revitalisierung bestehender Gebäude erreichen. Im Ortskern können auch künftig neue Angebote für Einkauf und Dienstleistung entstehen, allerdings müssen mindestens 300 m2 Grünfläche pro Projekt vorhanden sein. „Für diese Neuausrichtung brauchen wir ein Umdenken in der Bevölkerung in Richtung Umweltbewusstsein und Klimaschutz und die Unterstützung durch unsere Landwirtschaft“, sagte Rädler.

Ökonomierat Josef Fuchs begrüßte ausdrücklich Neuausrichtung der Gemeindepolitik in Bad Erlach und sicherte volle Unterstützung zu. „Täglich werden in Österreich 12 Hektar Grünland verbaut, also in etwa die gesamte Fläche der Marktgemeinde Bad Erlach. Dieser Bodenverbrauch widerspricht den Klima- und Umweltschutzzielen der Landwirtschaft!“ so Ök.-Rat Josef Fuchs in seinen Ausführungen.

Grünland werde gebraucht, um Lebensmittel regional und vor Ort zu erzeugen und damit weite und klimaschädliche Transportwege zu vermeiden. Josef Fuchs: „Wasserspeicherung kann nur bei unversiegelten Böden erfolgen. Wir alle erleben direkt oder in den Medien mehrmals jährlich, wie die zunehmenden Starkregen-Ereignisse für verheerende Überschwemmungen sorgen, weil Wasser nicht mehr ungehindert versickern kann, deshalb darf die Vernichtung von Grünraum nicht weiter voranschreiten!“. 

Zudem binden die Agrarflächen in Österreich pro Jahr circa 60 Mio. Tonnen CO2, da das Treibhausgas zu Biomasse umgesetzt wird. Umgekehrt werden durch die Landwirtschaft etwa 47 Mio. Tonnen Sauerstoff pro Jahr produziert. „Die Landschaftspflege unserer bäuerlichen Betriebe sorgt zudem für einen hohen Erholungs- und Freizeitwert!“ sagte Ök.-Rat Fuchs.

Bärbel Stockinger, im Gemeinderat zuständig für den Umweltschutz, unterstrich, dass in Bad Erlach alle Maßnahmen der Gemeinde auf Klimarelevanz überprüft werden müssen. „Bisher fehlte auch bei uns einfach das Bewusstsein für den Klimaschutz“, stellte sie selbstkritisch fest, „allerdings ist es nun an der Zeit aktiv Maßnahmen zu setzen! Ein erster Schritt dazu ist das Klimaschutzpaket, das einstimmig im Gemeinderat beschlossen wurde“. Obstbaumanpflanzung auf Gemeindegrund, eine Nasch-Hecke neben der Volksschule, im Rahmen der Aktion „Essbare Gemeinde“ sollen zur Bewusstseinsbildung beitragen, um zu zeigen, wie Klimaschutz die Lebensqualität im Ort verbessern hilft. Erste Schritte hat man bereits bei der Nutzung von leerstehenden Flächen unternommen: Im Bahnhofsgebäude wurde ein Jugendzentrum untergebracht, ein „Kostnix-Laden“ nutzt Räume einer ehemaligen Fleischhauerei.

Für den Klimaschutz ungeeignete, weil versiegelte Flächen ortet Stockinger im Bereich der Bad Erlacher Einkaufsmärkte: Die riesigen Asphaltflächen tragen im Sommer zur Aufheizung bei und sind ökologisch wertlos. Hier soll über Begrünung und weitere andere Maßnahmen nachgedacht werden. Bauwerber erhalten seit einigen Wochen per Brief Infos zur Vermeidung von versiegelten Flächen. GR Stockinger: „Wir wollen zeigen, dass eine Einfahrt nicht unbedingt asphaltiert sein muss und dass auch Carports umweltfreundlich begrünt werden können!“

„Klimaschutz kann mehr, Klimaschutz steigert unsere Lebensqualität im Ort!“ meinte GR Stockinger zum Schluss ihrer Ausführungen.

Ein nachdenklicher, aber entschlossener Bürgermeister Rädler fragte: „Wo sind unsere Grenzen? Mit dem Blick in die Zukunft werden wir erkennen, dass unsere Grenzen bereits erreicht sind. Wir brauchen jetzt eine große Koalition auf Gemeindeebene in Richtung Klimaschutz, damit wir unseren Teil zu den Gesamtmaßnahmen beitragen!“